Sky Jacks

Sky Jacks

Welchem Weltenwillen auch immer das Gewaltrecht des Stärkeren zu verdanken war, diese

Gestalt war ein Sinnbild dafür

Godfrey Wyncro, der Anführer der Sky-Jacks, konnte sich noch auf seinen Haufen verlassen. Bisher hatte er die Dinge gut im Griff. Sie waren Freibeuter des Himmels. Der energiegeladene Planet produzierte täglich gewaltige Aufwinde. Diese nutzten Godfrey und seine Männer um mit ihren Combat-Glidern aufzusteigen. Die „Jacks“ attackierten im Handstreich was ihnen unter die Flügel kam. Sie beraubten Siedlungen, die letzten bäuerlichen Anwesen, Flüchtlinge mit ihrem Hab und Gut, oder die Bande segelte, je nach Jahreszeit, wie die Zugvögel, in freundlichere Landstriche. Obwohl ihnen das Schicksal nur eine verbrannte Erde hinterlassen hatte, waren sie Herren ihrer Welt, wie Godfrey manchmal großspurig redete. Sie hatten nichts zu verlieren, sie waren wieder wilde Jäger geworden, voller Adrenalin bis in die Arsch-Haare, sie zelebrierten den Tag-täglichen Kampf ums nackte Überleben, wie in den guten alten „Friss-oder-Stirb-Tagen". Damals, als die Menschen zu sesshaften Erbsenzählern wurden, denen hernach die Öde, die Langweile, nur so aus den Augen stierte, das war die erste Abkehr vom wahren Leben, wie Godfrey glaubte, ganz zu schweigen davon was heutzutage geschah. Nein, er ritt mit seinen Männern auf der Klinge! Sie scherten sich einen Dreck um die Mörder- Hitze, die Pest, oder was sonst für ein Scheisszeug der vergiftete Planet ausdünstete. Sie nahmen sich die göttliche Freiheit den Hals zu riskieren. Das war ihre Antwort auf die Ignoranz ihres, weis der Teufel, Schöpfers, oder sonst was, das machte sie zu Herren dieser Welt! Aber im Grunde blieb ihnen gar nichts anderes übrig. Ab und zu stand Godfrey dieser Umstand glasklar vor Augen, dann kraulte er seinen schwarzen Vollbart, als könne er den Fundus der Weisheit anzapfen, schnappte sich ein, zwei Flaschen Whiskey und verzog sich in sein Zelt. Er besoff sich gründlich, rechnete mit Gott und der Welt ab, um am nächsten Morgen geläutert, das er, scheiß drauf, auf dem rechten Weg wäre, seine Männer in das nächste Abenteuer zu führen. Heute war so ein Tag, etwas Großes stand bevor. Der „ComEX-Supplier” würde planmäsig vorbei kommen. Ein endloser Zug mit jeder Menge Barbeträgen, Lohngeldern und all dem anderen Schnick-Schnack. Ok, ein bisschen Schmiere hier und da, um an die nötigen Informationen zu kommen, musste sein. Die Hierarchie hinter den glänzenden Fassaden produzierte genug verkrachte Abfalleimer, die für ein paar lausige Bucks oder einen Gratis-Fick ihre Grosmutter verkauft hatten! Also, daran lag ’s nicht! Und sie hatten die Trasse präpariert, dass der Express zum Stillstand kommen musste. Dennoch, es war ein ziemlich gefährliches Unternehmen. Es musste alles schnell gehen, verdammt schnell, bevor die ersten Security-Robs auftauchen würden. Seine Männer waren zwar bestens bewaffnet aber eine Auseinandersetzung mit den Robotern galt es auf jeden Fall zu vermeiden. Sie würden sich mit ihrer Beute in den nahe gelegenen Mirror-Gulch verdünnisieren, eine wilde, verzweigte Schlucht, wie ein Irrgarten. Dahinein konnte ihnen niemand folgen, darin waren sie jedenfalls sicher. Was ihn, Godfrey, und die Piloten betraf, sie wurden die „Tin-Opener” und die „Combats” absetzen und sich rechtzeitig auf und davon machen. Auf die monströsen Aufwinde war ohnehin Verlass. „Urs” sagte einmal. „Hier kannst du auch mit einem Kanaldeckel abheben!“ Im Süden, wo der Mirror-Gulch sich öffnete, bei der verborgenen Lagune, würden sie wieder zusammen treffen und die Beute teilen. Fünf Combat-Glider lagen startbereit am Ost-Hang des Plateaus. Die Flügel, unten weißgraue, oben tarnfarbige Segel, mit gut 2 Dutzend Meter Spannweite waren sichelförmig auf dem Boden ausgebreitet. Darunter lag, schräg auf die Seite gekippt, ein obskures Vehikel im steilen Hang. Es bestand im Wesentlichen aus einer massiven, hölzernen Kufe, vielleicht vier Meter lang. Vorne, über der Rundung der Kufe war ein Windschild montiert. Es war zerbeult und hatte wohl schon einiges abgekriegt, Crashs schienen das tägliche Brot. Hinter dem Windschild befand sich eine Art Schalen-Sitz. Er war aus einfachen Brettern zusammen geschreinert. Links und rechts davon gab es ein System von Seilzugen die offensichtlich mittels zweier langer Hebel bedient wurden. Vorne waren einige Instrumente installiert, uralt und rund. Mit etwas Vision hätte man das Ganze als ein Cockpit bezeichnen können. Weiter waren je zwei Sitze links und rechts an die Kufe angeschlagen mit Haltestangen und Fußrastern davor. Anschnallgurte und Sauerstoffmasken hingen kreuz und quer herum. In der Mitte längs, war ein Packen automatischer Waffen verzurrt. Von dem Kufen-Apparat führten zu beiden Seiten der Segel ein heilloses Strippen-Gewirr. Was hier startbereit, ausgebreitet am Boden lag, war im Prinzip nichts anderes als die Ausgeburt eines Paragliders!

Godfrey befand sich mit seinem Segler in der mittleren Position. Er war mit einem abgewetzten, schwarzen Lederkombi, den auf dem Rücken ein Totenkopf mit Adlerschwingen zierte, bekleidet. Auf dem Kopf trug er eine Ledersturmhaube mit Head-Set sowie eine riesige, antiquarische Aviator-Brille. An der Seite hing die Sauerstoffmaske. Godfrey’s Erscheinung hatte etwas Dämonisches, etwas, was die Tollkühnheit, die Freiheit des Fliegens vor Augen führte. Links und rechts, hinter ihm gruppierten sich mit ihren Flugfetzen die Piloten, Ron und Urs, links Gynt und Wittold. Die aufsteigende Sonne heizte die roten Hänge. Allmählich begann die Luft darüber zu wabern. Eine halbe Stunde später gab Godfrey das Kommando: „Ok Leute, jeder startet selbständig, Kurs 145 Grad, bis zur Bahnlinie, 'nicht zu übersehen, der Bahnlinie folgen, wir treffen uns in achtzehn-tausend Fuß, am Rio Grande, in Sichtweite des großen Bogens der Trasse!“ Dann brüllte er in den jungen Morgen: „Auf geht’s, ihr Himmelhunde, knacken wir die Lötlampe da unten und bescheren den Nutten in Albuquerque ein paar heitere Tage!" Die Meute plärrte los. Godfrey ging zum Cockpit, zog die Brille von der Ledersturmhaube über die Augen und befahl seinen vier Männern in Position zu gehen. Je zwei „Jacks“, gingen seitlich zu den Haltestangen, schnallten sich an und richteten die Fuhre auf. Godfreystieg vorne in den Pilotensitz, er hielt einen Fuß auf dem Raster den anderen am Boden und schnallte sich ebenfalls an. In Schüben fegten Luftströme den Hang herauf. Spukhaft tanzende Staubwirbel verrieten die wilde Energie in den Böen. Die Wirbel wuchsen zu mächtigen „Dust-Devils“ an, wie rotierende Trichter stiegen sie tanzend zum Himmel. Godfrey sagte angespannt, merkwürdig leise: „Achtung Männer!“ Er winkte mit flacher Hand zu Boden, als könne man die Wirbelwinde erschrecken wie scheue Rehe. Plötzlich, nur wenige hundert Meter unterhalb, verschmolz der ganze Spuk zu einem kolossalen, aufwärts stiebenden, rotbraunen Schleier. Godfrey schrie: „L o o o s!“

Peter Tempel

67098 Bad Dürkheim


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